Kein Ermittlungsverfahren gegen Ministerin und Staatssekretär des Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten Rheinland-Pfalz (MUEFF)

Ab Mitte November 2020 gingen bei der Staatsanwaltschaft Mainz - teils anonyme oder pseudonyme - Strafanzeigen gegen die damalige Ministerin und den damaligen Staatssekretär des Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten Rheinland-Pfalz (MUEFF) ein; Gegenstand waren Presseberichte zu einem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Koblenz vom 27. August 2020 (Aktenzeichen 2 B 10849/20.OVG) zu rechtswidrigen Beförderungsentscheidungen im Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten Rheinland-Pfalz.

In den Strafanzeigen, offenen Briefen und sonstigen Eingaben wird den beiden Angezeigten zusammengefasst vorgeworfen, durch das Nichteinhalten von Beförderungsgrundsätzen, wie es in der der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts zum Ausdruck kommt, zugleich Straftaten verübt zu haben.

Die Staatsanwaltschaft hat in ihre umfassende strafrechtliche Bewertung des angezeigten Sachverhalts die genannte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, mehrere Pressemitteilungen der beiden Angezeigten, Antworten des Ministeriums des Inneren für Sport auf parlamentarische Anfragen zu der Thematik sowie eine Schutzschrift eines Rechtsanwalts für den angezeigten Staatssekretär einbezogen.

Nach § 152 Abs. 2 der Strafprozessordnung war von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, weil kein Anfangsverdacht für ein strafbares Verhalten der beiden Angezeigten gegeben ist. Insbesondere ist der Straftatbestand der Untreue (§ 266 Strafgesetzbuch) nicht erfüllt.

Wie bereits das Oberverwaltungsgerichts ausführlich dargelegt, legen Grundgesetz und Landesverfassung den mit Stellenbesetzungen betrauten Amtsträgern die Pflicht auf, nur qualifizierte Bewerber in ein öffentliches Amt zu berufen und die bestmögliche Besetzung von Stellen des öffentlichen Dienstes zu gewährleisten. Dieser Leistungsgrundsatz soll die administrative Leistungsfähigkeit und die Effizienz der öffentlichen Verwaltung garantieren und institutionalisieren. Die Beförderung anderen Personen als der Bestbefähigten kann deshalb grundsätzlich einen Missbrauch der Pflicht, über das Vermögen der öffentlichen Hand wirtschaftlich und sparsam zu verfügen, darstellen und den Straftatbestand der Untreue erfüllen.

Das Vorliegen einer Untreue scheitert indes bereits am Eintritt eines Schadens. Die versuchte Untreue ist nicht strafbar.

Ein strafrechtlich relevanter Schaden tritt erst ein, wenn eine tatsächlich nicht am besten geeignete Person durch Aushändigung der entsprechenden Urkunde befördert wird. Hierzu ist es indes nicht gekommen, weil eine Bewerberin, die nicht zum Zuge kommen sollte, erfolgreich die genannte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts erwirkt und dadurch die Beförderung der Mitbewerberinnen und Mitbewerber verhindert hat.

Es ist auch noch nicht zu einer einem Vermögensschaden gleichstehenden Vermögensgefährdung gekommen.

Mit der rechtswidrigen Auswahlentscheidung für Mitbewerbende war das öffentliche Vermögen noch nicht in einem Maße gefährdet, dass diese Entscheidung bereits als Schaden angesehen werden könnte. Vielmehr wurde den unterlegenen Konkurrenten die Auswahlentscheidung vor der tatsächlichen Ernennung und Beförderung bekannt gemacht, um diesen eine verwaltungsgerichtliche Überprüfung der Auswahlentscheidung zu ermöglichen. Dies zeigt, dass sich ein möglicher Schadenseintritt durch eine rechtswidrige Auswahlentscheidung in Bezug auf eine Beförderung weniger geeigneter Bewerber noch nicht so weit verdichtet hat, dass die Gefahr als einem Schaden gleich zu qualifizieren ist. Die Auswahlentscheidung selbst begründet (noch) keinen Rechtsanspruch auf die Beförderung; von einer Auswahlentscheidung kann noch abgewichen werden.

Zudem konnten keine zureichenden Anhaltspunkte für einen Schädigungsvorsatz der Angezeigten festgestellt werden. Nach ständiger Rechtsprechung sind wegen des verfassungsrechtlich bedenklich weit gefassten Untreuestraftatbestands an den Untreuevorsatz strenge Anforderungen zu stellen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Tatverdächtige nicht eigennützig handeln. Der Vorsatz muss sich sowohl auf Pflichtwidrigkeit des Handels, als auch und gerade auf den dadurch bewirkten Nachteil für das zu betreuende Vermögen beziehen.

Selbst wenn man davon ausginge, dass sich die beiden Angezeigten bei dem von ihnen angewandten Beförderungsverfahren über die für Beförderungen geltenden Rechtsgrundsätze hinwegsetzen und sie damit die Pflichtwidrigkeit ihres Handelns kannten, so mangelt es doch an zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkten für einen Vorsatz der Angezeigten hinsichtlich der Nachteilszufügung. Das von den beiden Angezeigten angewandte „komprimierte“ Verfahren, das eine summarische Einschätzung der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung der Kandidatinnen und Kandidaten durch die Abteilungsleitungen, eine Prüfung der Zentralabteilung unter dem Aspekt der Anwendung gleicher Maßstäbe und eine Zustimmung der Personalvertretung beinhaltete, lässt eine Absicht der Angezeigten, nicht die bestbefähigtsten Personen zu befördern, nicht belegen. Den beiden Angezeigten kann nicht angelastet werden, in dem Bewusstsein gehandelt zu haben, die ausgewählten Bewerber seien möglicherweise nicht die Bestbefähigtsten.

Von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens war daher abzusehen.

gez. Keller
Leitende Oberstaatsanwältin